“Schweigen ist wirksamer als Sprache. Aus der Stille kam der Gedanke, aus dem Gedanken das Ego und aus dem Ego die Sprache. Wenn also Sprache wirksam ist, wie viel wirksamer muss dann ihre ursprüngliche Quelle sein?” – Ramana Maharshi
Ich lade dich ein, dir einen Moment Zeit zu nehmen, um Maharshis Worte auf dich wirken zu lassen. Schließe die Augen und richte den Blick nach innen, nur für ein paar Augenblicke. Sei still, sei in deiner Stille.
Ramana Maharashis Worte sind eine Aufforderung, den Blick nach innen zu richten und die Stille als einen Weg zu unserem natürlichen Seinszustand zu erforschen, der Glückseligkeit, Freude, Frieden und ungestörte Präsenz ist. Indem wir die Sprache ausschalten, können wir das Ego zur Ruhe bringen, die Gedanken beruhigen und zur Stille zurückkehren.
Was also ist Stille? Ist sie die Abwesenheit von Außengeräuschen, die Abwesenheit von Sprache? Oder ist Stille die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit nach innen zu richten, äußere Reize auszublenden und inmitten von Lärm und Sprache schweigen zu können? Und was ist mit innerem Lärm? Selbst wenn du in einem völlig ruhigen Raum sitzt, können der Geist und seine Aufmerksamkeit laut und überwältigend sein.
In Stille zu sitzen ist keine leichte Aufgabe. Der Geist wird oft in viele Richtungen und auf verschiedene Pfade gezogen. Wie Meister Patanjali in YS 1.2 „yogaḥ citta-vṛtti-nirodhaḥ“ sagt, ist Yoga der Prozess der Beendigung der vrttis (Fehlidentifikationen) im Gebiet des citta (Geist). Padmajis (Sharon Gannons) Kommentar hierzu lautet: „Wenn du aufhörst, dich mit deinen Gedanken und den Schwankungen des Geistes zu identifizieren, dann ist Yoga, die Identität mit dem Selbst, was Samadhi, Glück, Glückseligkeit und Ekstase gleichkommt“. Die Yogapraxis ist ein mächtiges Werkzeug, um innere Stille zu kultivieren. Wenn wir uns darin üben, als Beobachter zu sitzen und dem Geist zu erlauben, still zu sein, ohne in die Richtung von Gedanken oder Sprache gezogen zu werden, dann können wir unseren natürlichen Seinszustand erfahren. Stille ist der Weg zur Selbstverwirklichung, der uns den Zugang zu den Abgründen unserer Glückseligkeit ermöglicht, indem wir die Wahrheit darüber, wer wir sind, jenseits unserer Gedanken und Identitäten wiederentdecken. Indem wir den Geist beobachten, schaffen wir Raum für Selbsterkenntnis, Einsicht und das Erwachen unserer wahren Natur.
Mit jedem Moment des Sitzens in Stille fördern wir unsere Fähigkeit, den inneren Gedankenlärm zu dämpfen und unseren Gedanken zu erlauben, sich zu entwirren und beobachtet zu werden. Die Ruhe ermöglicht es uns, Stille in unserem Geist zu kultivieren und dadurch Präsenz zu üben, um unseren natürlichen Seinszustand zu erfahren. Die Stille gibt uns die Möglichkeit, auf den inneren Frieden unseres Herzens zu hören und uns wieder mit unserer Intuition und dem Raum des Seins zu verbinden. Je tiefer wir in die Stille eintauchen, desto mehr können wir bewusst sitzen, bewusst gehen und Yoga-Asanas in reinem Bewusstsein ausführen. Dies ist die Entfaltung von Stille und Leere, ganz ohne äußere Ablenkungen oder treibende Impulse, die uns von unserem natürlichen Seinszustand abbringen. Es gibt viele Synonyme, um diesen Ort zu beschreiben, darunter leer sein, in Stille sein, Frieden, Freude, Zufriedenheit, Glückseligkeit, Ekstase, usw. Im Grunde hat dieser Ort keinen Namen. Er ist namenlos. Das Wissen um diesen Ort ist die Wahrheit darüber, wer du bist, unveränderlich und stets präsent. Er ist unser Zufluchtsort, wenn die äußere Welt überwältigend anstrengend ist.
Die Band Depeche Mode formuliert es in ihrem berühmten Song treffend so: „All I ever wanted, all I ever needed is here in my arms. Words are very unnecessary, they can only do harm.“
Genieße die Stille.
CHANT des Monats
Weg, weg, wirklich weg, sogar über das ultimative Grenzenlose hinaus.
Die höchste Weisheit ist das, was bleibt, wenn alles andere weggefallen ist.
Aus der buddhistischen Tradition – Abschluss Gebet/Mantra aus dem Herz-Sutra
TEXTE und INSPIRATION
Auszug/Zitat aus dem Buch:
– kreativ. Die Kunst zu sein: Das Kreativ-Geheimnis des Star-Produzenten hinter Johnny Cash, Adele, Run-DMC, Jay-Z und U2. Der NY-Times-Bestseller von Rick Rubin
„Gewahrsein: Bei den meisten unserer täglichen Aktivitäten wählen wir die Agenda und entwickeln eine Strategie, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Wir erstellen das Programm. Das Gewahrsein geht anders vor. Das Programm findet um uns herum statt. Die Welt ist die Handelnde, wir sind nur die Zeugen. Wir haben wenig oder gar keine Kontrolle über den Inhalt.
Das Geschenk des Gewahrseins ermöglicht uns, festzustellen, was im gegenwärtigen Augenblick um uns und in uns vor sich geht, und dies ohne jede Anhaftung oder Verstrickung zu tun. Wir können Körperempfindungen, flüchtige Gedanken und Gefühle, Klänge und visuelle Reize, Gerüche und Geschmackswahrnehmungen beobachten.
Eine Blume gibt mehr von sich preis, wenn wir sie unvoreingenommen betrachten. Wir brauchen nichts dafür zu tun, außer gewahr zu sein. Das gilt für alle Dinge. Gewahrsein ist kein Zustand, den man forcieren kann.
Ausdauer ist der Schlüssel dazu, mehr Aufwand benötigt es nicht. Es ist ein aktives Zulassen. Ein Präsentsein mit dem, was im ewigen Jetzt geschieht, und die Akzeptanz, dass es so ist.
Sobald wir einen Aspekt der großen Quelle etikettieren, beobachten wir ihn nicht mehr, sondern analysieren ihn. Dies gilt für jeden Gedanken, der uns aus dem Präsentsein mit dem Objekt unseres Gewahrseins herauszieht, egal, ob wir ihn analysieren oder uns einfach nur der Tatsache bewusst werden, dass wir gewahr sind. Analyse ist eine sekundäre Funktion.
Das Gewahrsein geschieht anfangs als reine Verbindung mit dem Objekt unserer Aufmerksamkeit. Finde ich etwas besonders interessant oder schön, lebe ich zunächst diese Erfahrung. Erst danach versuche ich vielleicht, sie zu verstehen.
Auch wenn wir nicht ändern können, was wir wahrnehmen, können wir doch unsere Wahrnehmungsfähigkeit verändern. Wir können unser Gewahrsein dehnen oder verengen, es mit offenen oder geschlossenen Augen erfahren. Wir können im Innern still werden, um mehr von dem wahrzunehmen, was um uns herum geschieht, oder aber für Ruhe im Außen sorgen, um besser wahrzunehmen, was in uns geschieht. Wir können uns so nah an etwas heranzoomen, dass es die Form verliert, die es zu dem macht, als das es erscheint, oder uns so herauszoomen, dass es wie etwas völlig Neues wirkt.
Das Universum ist nur so groß wie unsere Wahrnehmung davon. Kultivieren wir unser Gewahrsein, erweitern wir das Universum. Das dehnt den Rahmen aus–nicht nur des Materials, das uns als kreative Masse zur Verfügung steht, sondern unseres gesamten Lebenspotenzials.“